Niche but nice

Natürlich, es hatte 36 Grad. Oder 40. Oder noch mehr. Und alle, alle waren am See.
Alle? Nein. Eben nicht.

Ein paar äußerst tapfere Brauer haben in der Tempelhofer Malzfabrik ihre Posten auf den ersten Berliner Craft Beer Days bezogen und ausgeschenkt. An nicht so wahnsinnig viele, dafür aber umso versiertere, unlederhosige, nicht-dimpfelige und auch nicht Freibier-ist-das-beste-Bier-Biertrinker. Gute Leute. Und ebenfalls tapfer, denn es hatte wie gesagt 55 Grad. So mitteltolle Bedingungen zum Starkbiertrinken.

Craft Beer Days Berlin 1

Craft Beer Days Berlin – 27./28.7.13 – Malzfabrik. Fotos: Stefan Peters

Nicht jeder der Brauer rechnet sich jetzt unbedingt dieser „Craft Beer Bewegung“ zu, mancher hadert mit dem sperrigen Namen („Bei mir in da Rhön sacht des kam was“), mancher damit, dass der weder hier noch in den USA so wirklich definiert ist. Nach Größe allein kann’s ja nicht gehen („Nach deren Maßstäben wäre ja selbst Paulaner mit seinem jährlichen Ausstoß noch eine Craft Brewery“), was aber ist es dann? Trotzdem gehören die zwanzig da schon irgendwie zusammen: unabhängig (viele mehr, ein paar weniger), jung (auch wieder: die meisten Neugründungen, ein paar Traditionsbrauereien waren aber auch dabei) und experimentierfreudig was die Brauarten angeht. Wobei da ein ganz klarer Trend erkennbar ist: Ohne ein IPA traut sich kaum einer raus. Wobei bei 78 Grad auch leichtere Pale Ales ganz gut gingen.

Craft Beer Days Berlin - 27./28.7.13 - Malzfabrik. Fotos: Stefan Peters

Craft Beer Days Berlin – 27./28.7.13 – Malzfabrik. Fotos: Stefan Peters

Alle zwanzig Brauer und die Veranstalter vom Alten Mädchen in Hamburg sind sich sicher, dass das kommt, dass die Craft Beer Bewegung die Bundesbierrepublik erobert. Zumindest einen klitzkleinen Teil davon. Denn: Craft Beer wird immer ein Nischending bleiben, ist es ja auch noch in den USA mit 7% des Bierumsatzen. Obwohl die Bewegung da riesig ist und quasi wöchentlich eine neue Brauerei entsteht.

Mit das Schönste an dieser craft beer revolution sind, neben den Bieren, die Typen, die sie treiben. Quereinsteiger, Selbstverwirklicher, echte Kämpfer, Visionäre, Träumer, Handarbeiter.
Alleine gestern traf ich einen Brauer, der glaubt, dass „Terroir“ beim Bier eine immer und immer größere Rollen spielen wird. Einen, der den Namen für seine Brauerei in Südlaos gefunden hat und einen, der in einem Alter, wo andere so ganz langsam an die Rente und das Ferienhaus in Südfrankreich denken, Pläne für den Bau einer eigenen Brauerei schmiedet.
Und das alles bei 175 Grad.

(Solche und mehr Heldengeschichten – das sei hier schon mal angekündigt – ab September auf www.hopfenhelden.de)