Besseres Bier
In der Bundesbierrepublik tut sich was. Da gärt etwas, sozusagen.
Mit wem man auch spricht: Bierbrauer, Sommeliers und Wirte glauben fest daran, dass früher oder später der Craftbeer-Trend auch hierher kommen wird. Allein: Er hat es in Deutschland schwerer als anderswo.
Fakt ist: Craftbeer, also Bier aus kleinen Brauereien, auf besondere Brauarten und in der Regel mit etwas mehr Zeit und Liebe gebraut als in den großen Konzernen, schmeckt einfach besser. Wer es einmal probiert hat, merkt das und wird bereit sein, ein bisschen mehr für dieses bessere Bier zu zahlen.
Allerdings ist dieses „einmal probieren“ in Deutschland eine ziemliche Hürde: Bier hierzulande ist einfach generell gut, wer immer Tegernseer trinkt hat nicht dringend das Bedürfnis, mal etwas besseres trinken zu wollen. Zu Recht. Außerdem hat die Bierwahl gerade in Deutschland viel mit Lokalpatriotismus zu tun, mehr als in anderen Ländern. In München trinkt man eben Augustiner, in Hamburg Astra, in Köln Gaffel.
Schade nur, was man dabei alles verpasst: Das ganze gute Bier, das in Deutschland gebraut wird, besteht im wesentlichen aus drei, vier Brauarten: Helles, Pils, Kölsch, plus vielleicht Alt im Westen, Lager, nicht viel mehr. Weißbier noch. Aber sonst? Dabei ist so ein Indian Pale Ale so ein fantastisches Bier, vielleicht sogar gerade für Leute, die eigentlich gar kein Bier mögen. (Im Ernst: IPAs sind so gut!) Es wird hier nur nicht gebraut. Nicht von den Großen, der Industrie. Wohl aber von der ersten paar deutschen Craftbrewern.
Der große Vorreiter der noch eher zarten deutschen Craftbeer-Bewegung in die Firma Braufactum. Hinter der steht Radeberger, der größte Braukonzern des Landes. Das klingt im ersten Moment total widersprüchlich (geht es bei Craftbeer doch um Anti-Industriebiere) und ist sicherlich auch nicht ganz unumstritten. Allerdings sagen die wenigen deutschen Craftbrewer, die es bisher so gibt, dass die Biere von Braufactum nicht schlecht und auf jeden Fall der Craftbeer-Philosophie entsprechend sind. Außerdem sehen sie das ganz pragmatisch: Soll das Schlachtschiff Braufactum ruhig mal voraus fahren, mit viel Geld (vom Konzern) Marketing machen, Aufmerksamkeit wecken, die ganze Aufklärungsarbeit (was soll das mit dem „feinen“ Bier, dass man nicht in der S-Bahn oder zum runterhopfen bei der Sportschau sauft) übernehmen. Sie kommen dann in Fahrwasser des Dicken besser voran.
Ich habe den Kopf hinter Braufactum, den Braumeister Dr. Marc Rauschmann, für IMPULSE porträtiert (Heft 2/2013).